Stadtarbeit und MehrWERT-Designpreis 2021

Entlang der begleitenden Themenstellung riefen VIENNA DESIGN WEEK und Erste Bank im Vorfeld des Festivals dazu auf, Projekte, Ideen und Konzepte einzureichen, die sich mit resilienter Nachbarschaft und sozialraumorientierten Designlösungen befassen: Drei von einer Fachjury ausgewählte Interventionen stoßen im Fokusbezirk nun partizipative Prozesse an und fördern den Austausch der Bewohnerinnen und Bewohnern untereinander sowie jenen mit den Designerinnen und Designern und natürlich dem Publikum des Festivals. Mit unterschiedlichen Zugängen zeigen sie auf, wie durch diese Vernetzung beständig wirksame Konzepte und Lösungen für den öffentlichen Raum und das Zusammenleben in der Brigittenau gefunden werden können.

Zum siebten Mal wurde heuer der MehrWERT-Designpreis verliehen. Der Preis ermöglicht die Teilnahme und damit die Realisierung der ausgewählten Projekte im Rahmen der VIENNA DESIGN WEEK 2021. Die drei Gewinnerprojekte sind mit einem Umsetzungsbudget ausgestattet. 

Zusätzlich zum Umsetzungsbudget wurden am 30.9.2021 noch Preisgelder, gestiftet von der Erste Bank vergeben.

Jurymitglieder:
Clemens Foschi (Caritas, Erzdiözese Wien),
Martina Frühwirth (Magistrat der Stadt Wien, MA 19),
Stephanie Kneissl (Designerin und Preisträgerin des MehrWERT-Designpreis 2019),
Lilli Hollein, Gabriel Roland und Hanna Facchinelli (VIENNA DESIGN WEEK),
Ruth Goubran und Theres Fischill (Erste Bank) 

 

Jury-Begründung

Im20.wien (IDRV) - 500 EUR
Das Projekt hat herausgearbeitet, dass nachbarschaftliche Resilienz ein Thema der Organisation ist. Es zeigt vor, wie ein Prozess in diese Richtung aussehen könnte – offen, dezentral, digital gestützt, gleichberechtigt und partizipativ. Die solide konzeptuelle Basis und die Umsetzungsvorschlage zeigen aber auch, welche Herausforderungen neuen Methoden nachbarschaftlicher Vernetzung gegenüberstehen.

Artisans of Public Psyche (Max Scheidl) - 1000 EUR
Resilienz im Großen, im Gemeinsamen kann ohne stabile Teilhabende nicht funktionieren. In diesem Sinn hat Max Scheidl Interventionen mit überraschenden Potenzial zum Tiefgang gestaltet. Seine Artisans machen auf die Wichtigkeit der Fürsorge seelischen Wohlbefindens aufmerksam und vermitteln Bewusstsein für psychologische Resilienz im Alltag. Erfüllt vom ebenso einnehmenden wie behutsamen Charisma des Projektanten versorgt das Projekt Teilnehmende auf niederschwellige und spielerische Weise mit handfesten Handlungsansätzen.

Missing Link (Marlene Lübke-Ahrens, Wolfgang Nowotny) - 1500 EUR
Einen Perspektivenwechsel herzustellen ist eines der vielen Potenziale von im sozialen Kontext gedachten Design und Architektur. Mit dem Überbrücken einer übersehenen Fehlstelle im Gefüge der Stadt hat das Projekt das erreicht und das entstandene Potenzial erfolgreich mit Inhalten gefüllt, wobei das Verhältnis von punktuell gestalterischem Eingriff und konkreten Angeboten überzeugt hat. Die Projektanten haben sich durch großes persönliches Engagement, organisatorische Verlässlichkeit und planerische Präzision mit sozialem Augenmaß hervorgetan.

 

Die Siegerprojekte 2021

ARTISANS OF PUBLIC PSYCHE Max Scheidl

Was nervt dich gerade so richtig? Was könnte deiner Psyche guttun? Und wann hast du einer fremden Person das letzte Mal etwas Nettes gesagt? Das Projekt von Max Scheidl – durchgeführt in Form einer öffentlichen Intervention sowie als Teil der Ausstellung in der diesjährigen Festivalzentrale der VIENNA DESIGN WEEK – lädt ein, diese Fragen mit spielerischen Kommunikationstools zu beantworten: Persönliche Geschichten werden gesammelt, Technologien hinterfragt und ein Austausch über die schönen und weniger schönen Lebenserfahrungen angeregt. Das Projekt füllt die Lücke zwischen professioneller und fehlender Hilfe – und tritt der Stigmatisierung von psychischer Belastung somit just in einer Zeit entgegen, in der ebendas noch dringlicher geworden ist: in der Pandemie. Als Ergebnis der Intervention stehen Strategien, die uns bestenfalls ein klein wenig widerstandsfähiger für zukünftige Herausforderungen machen. ARTISANS OF PUBLIC PSYCHE wurde in Kooperation mit dem Berufsverband Österreichischer Psycholog*innen als Diplomprojekt im Studiengang Design Investigations der Universität für angewandte Kunst entwickelt und anlässlich der VIENNA DESIGN WEEK 2021 erweitert.

Festivalzentrale am Sachsenplatz 20., Sachsenplatz 4–6 

IM20.WIEN – WAS STÄRKT DIE LOKALE GEMEINSCHAFT? IDRV – Institute of Design Research Vienna

Das Institute of Design Research Vienna (kurz: IDRV) untersucht, wie sich Gesellschaften in physischen und digitalen Räumen formieren und organisieren. Als Werkzeug dient dem partizipativen Projekt ein geteiltes Google Docs-File unter der Webadresse im20.wien, über das kollektives Know-how der Bezirksgemeinschaft abgerufen werden kann. Mithilfe der niederschwelligen (und auch kritisch zu diskutierenden) Technologie, die auch von sozialen und politischen (Protest-)Bewegungen wie dem Black Lives Matter Movement genutzt wird, kann das Wissen unterschiedlichster Menschen binnen kurzer Zeit gesammelt und einfach strukturiert für alle zugänglich gemacht werden. Der so entstehende Wissenspool über lokale Initiativen und Ideen zum sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Zusammenleben im 20. Bezirk bekommt während der VIENNA DESIGN WEEK Sichtbarkeit im Stadtraum und soll vor Ort zum Gegenstand eines Dialoges zwischen dem Festivalpublikum und den Bewohnerinnen und Bewohnern der Brigittenau werden. 

MISSING LINK: EIN VERSATZSTÜCK DER STADTBAHN Marlene Lübke-Ahrens / Wolfgang Novotny

Der New Yorker High Line Park ist weltbekannt. Was viele nicht wissen: Auch in Wien gibt es ein ehemaliges Bahnviadukt, das seit vielen Jahren ungenutzt ist. Mit dieser gegebenen infrastrukturellen Situation zwischen dem 19. und dem 20. Wiener Gemeindebezirk beschäftigt sich das Projekt MISSING LINK, das einen Teil der zehn Meter breiten und einen Kilometer langen Fläche durch ein bisher fehlendes bauliches Bindeglied zwischen dem Franz-Ippisch-Steg und dem Gleisbett der stillgelegten Stadtbahn nutzbar macht. Der Weg zum Wiener High Line Park ist also kein weiter: Nur zehn Stufen fehlen, um den Höhenunterschied zwischen Steg und ehemaliger Gürtellinie zu überwinden. Für die Dauer des Festivals wird die Brache auf den Stadtbahnbögen erschlossen, von unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren bespielt und Freiraum somit dort eröffnet, wo dieser bisher nicht möglich war. So wird untersucht, wie der Ort zur Stärkung der Gemeinschaft dienen und genutzt werden kann – und so eine mögliche Weiternutzung angeregt werden.

MISSING LINK
19., Franz-Ippisch-Steg (Aufgang Rampengasse nahe Heiligenstädter Straße)