Kompositionspreisträger 2011: Gerald Resch

Gerald Resch ist eine Mehrfachbegabung, wie schon ein flüchtiger Blick in seine Biografie zeigt: Der 1975 geborene Linzer wirkt als Komponist und Musiktheoretiker, Instrumentalist, Lehrer, Musikwissenschaftler und Autor sowie als Organisator. Vor seinen Studienabschlüssen in Komposition und Musikwissenschaft an der Musikuniversität und der Universität in Wien hat er eine vielseitige Ausbildung durchlaufen: Im Mühlviertler Lichtenberg, wo Resch aufwuchs, versah er Orgeldienst, während er sich in Linz mit Alter Musik und den Instrumenten Orgel, Cembalo und Gambe befasste.

Dass er sich – mit solcher Liebe zur Tradition im Hintergrund – aber vor allem zu zeitgenössischer Musik hingezogen fühlte, wurde bald auf mehrfache Weise klar: „Ich habe immer schon Komponist sein wollen“, sagt Gerald Resch im Gespräch; und auch das Thema seiner musikwissenschaftlichen Diplomarbeit über deutsche Streichquartette der 1980er-Jahre dokumentiert sein fundamentales Interesse an Neuem. Dazu passt es auch, dass er noch an sein Kompositionsstudium bei Iván Eröd und Michael Jarrell in Wien eine postgraduale Ausbildung bei Beat Furrer in Graz anschloss.

Äußerst wichtig ist dem Musiker auch sein Zugang zur Bildenden Kunst – neben Musikwissenschaft und Philosophie hat Resch auch Kunstgeschichte studiert – eine Neigung, die in vielen Stücken Spuren hinterlassen hat: „Ich bin eher ein optischer Typ“, sagt er sogar über sich selbst. Da er aus einer Lehrerfamilie stammt, war es für ihn ein selbstverständlicher Gedanke, auch selbst einmal zu unterrichten – derzeit als Universitätslehrer für Musikanalyse an der Bruckneruniversität Linz sowie als „Senior Lecturer“ für Formenlehre, Satzlehre und Gehörbildung an der Musikuniversität Wien.

Durch das Ineinandergreifen von künstlerischer und wissenschaftlicher Perspektive – als Künstler war Resch auch Stipendiat am Pariser Konservatorium, als Wissenschaftler forschte er am Österreichischen Historischen Institut in Rom – habe er, wie der Oberösterreicher erzählt, „einen anderen Blick auf musikalische Entwicklungen und auch auf Moden“ gewonnen: „Dadurch fühle ich mich relativ unabhängig.“ Neben seiner stilistischen Unabhängigkeit ist seine kommunikative Seite als wesentlicher Charakterzug hervorzuheben: Resch ist nicht nur ein umtriebiger Veranstaltungsbesucher von regem Interesse, sondern spielt auch eine aktive Rolle im musikalischen Leben der österreichischen Hauptstadt: als Musikkurator im Wiener Kunstverein Alte Schmiede, wo er bereits eine Unzahl von Konzerten moderiert hat, oder als Gründungsmitglied der Komponistengruppe GEGENKLANG, in der sieben Kollegen ihre Kräfte bündelten, um sich bessere Aufführungsmöglichkeiten zu schaffen und auch gleich noch die Initiative zum eigenen Verlag edition 21 ergriffen.

Das Schreiben von Texten als eine der zentralen Begabungen Reschs läuft inzwischen nach einigen Jahren, die von reger publizistischer Tätigkeit geprägt waren, nach seiner eigenen Einschätzung eher „nebenbei“. Dafür steht sein Komponieren klar im Zentrum: Wer allerdings für dieses nach ersten Anhaltspunkten sucht, wird auch dank Reschs sprachlicher Ausdrucksfähigkeit schnell fündig: „Genauigkeit“, „Leichtigkeit“, „Anschaulichkeit“, „Vielschichtigkeit“ und „Schnelligkeit“ lauten beispielsweise die Untertitel seiner „Fünf Versuche nach Italo Calvino“ – Begriffe, in denen für den Musikpublizisten Walter Weidringer „so etwas wie die Maxime seiner Musik“ zu finden sind. Auch Resch selbst hat immer wieder Grundsätze seines Komponierens in Worte gefasst, kürzlich etwa so, dass es ihm vor allem darum ginge, „aus wenig viel zu machen, weil ich gerne etwas organisch entwickle“. Im Bestreben, stets mit Ableitungen aus einigen wenigen Elementen zu arbeiten, etwa aus einer Gestalt Abläufe harmonischer Natur, melodischer und rhythmischer Art zu gewinnen, sieht sich der Komponist als „gewissermaßen in einer Wiener Tradition“ stehend an und verweist auf die konstruktiven Techniken Alban Bergs, die unabhängig von ästhetischer Verwandtschaften auch für ihn eine bedeutende Rolle spielen.

Text: Daniel Ender